10. Dezember 2024

Stellenausschreibung – Dichtung & Wahrheit

Die Kündigung: Ein Startschuss für Veränderung

Die Abteilungsleiterin eines Verbandes hat gekündigt. Hujujui – das ist immer eine herausfordernde Situation. Besonders in diesen Zeiten, da Personal und vor allem Fachkräfte rar und daher wertvoll sind.
Das ist doch klar, denken Sie jetzt vielleicht spontan: Ausschreiben, Bewerbungen sichten, Gespräche führen, Auswahl treffen und einstellen – erledigt. Ja genau – so läuft es ab. Routine. Aus dieser Routine möchte ich Sie mit diesem Artikel herausholen und zum Nachdenken anregen. Also bleiben Sie gespannt. Denn was nun kommt, habe ich vielfach erlebt.

Ein verstaubter Aktenschrank mit dem Schild „Stellenausschreibung 2016“ neben einem glänzenden, neuen Laptop mit der Aufschrift „Zukunft gestalten“.

Routine oder Reflex? Der typische Ablauf einer Neubesetzung

Also, was passiert hier in unserem Beispiel? Der Geschäftsführer kommt mit dem Kündigungsschreiben zu seiner Assistenz: „Frau Bauer, die Abteilungsleiterin hat gekündigt. Wir müssen neu ausschreiben. Machen Sie mal was fertig. Sie wissen ja Bescheid.“
Frau Bauer macht sich an die Arbeit und sucht die alte Ausschreibung heraus. Das ist jetzt acht Jahre her. Frau Bauer aktualisiert und passt an: Daten, Namen des Geschäftsführers, Bezeichnung der Abteilung, Anzahl der Mitarbeitenden und auch das Logo. Es hat sich viel verändert in den letzten Jahren. Nur die Beschreibung der Aufgaben und Anforderungen, die übernimmt sie. Das ist ja auch gar nicht meine Befugnis, denkt sie und legt den Text dem GF vor. Dieser gibt die Vorlage frei, und dann wird die Stellenausschreibung veröffentlicht.

Was sagt die Ausschreibung wirklich aus?

Und was steht drin? Aufgaben, Anforderungen – und etwas über den Arbeitgeber.
Was auffällt: Die ersten beiden Listen sind sehr lang, und die dritte eher kurz.
Für mich stellen sich folgende Fragen:

  • Ist die Aufgabenliste noch aktuell?
  • Sind die Anforderungen realistisch?
  • Und: Was bieten wir als Arbeitgeber an, damit der/die neue Stelleninhaber:in diese Aufgabe mit ihrer Qualifikation tatsächlich auch ausführen kann?

Die letzte Frage halte ich für zentral, aber genau diese bekommt nach meiner Erfahrung deutlich zu wenig Beachtung und fehlt leider oft völlig. Sie entscheidet darüber, ob eine gute und fähige Person Lust und Neugier verspürt, sich zu bewerben.

Der Perspektivwechsel: Ein Angebot statt eines Forderungskatalogs

Diese Bedeutung hat zwei Gründe: Erstens wird schon in der Ausschreibung deutlich, wie sich der Arbeitgeber das Zusammenspiel von Aufgaben, Anforderungen und Bedingungen vorstellt. Das schafft Transparenz und Vertrauen. Es wird ein Angebot gemacht und nicht nur ein Forderungskatalog aufgestellt.
Zweitens ist eine organisationale Klarheit nötig, um das in der Ausschreibung so kompakt zu beschreiben. Es ist also vorher schon ein interner Prozess durchlaufen worden, der folgende Fragen beantwortet: Welche Aufgaben sind zu erfüllen? Welche Anforderungen stellen wir? Und was tragen wir als Organisation dazu bei, dass diese Aufgaben erfüllt werden können? Dazu gehört der zurzeit viel genannte Onboarding-Prozess und auch der ganz normale Alltag. Dazu gehören vor allem die Befugnisse und der Handlungsspielraum, den die Stelle bietet.

Die Weichen für eine erfolgreiche Stellenbesetzung stellen

Ich bin sicher, dass sich viele Probleme nach der Stellenbesetzung erübrigen werden, wenn dieses Zusammenspiel durchdacht und beschrieben ist. „Wir schauen mal, wie die Bewerber:in sich einfindet und dann sehen wir weiter“ ist einfach keine gute Strategie.
Viele Prozesse der Neubesetzung, der Einarbeitung und des ‚Miteinanders in einen guten Alltag finden‘ haben wir schon begleitet. Die Neubesetzung von Anfang an aktuell zu denken und eine konkrete Vorstellung zu entwickeln, wie es werden soll, sind wichtige Schlüssel.

Ein Plädoyer für einen Neuanfang

Die alte Stellenausschreibung hat in diesem Prozess nichts zu suchen. Und wenn doch… dann hat sich in acht Jahren nichts verändert – und dann gibt es noch ganz andere Baustellen.