9. Januar 2024

Gute Fundraising-Ideen und der böse Alltag

Eine gute Idee, viel guter Wille, ein energiegeladener Start – so starten viele Fundraising-Projekte. Um sie dann auch zu einem Erfolg zu führen, braucht es einige Grundlagen. In diesem Artikel zeigen wir mit 5 Tipps, wie Fundraising erfolgreich in den Alltag integriert wird. Eines schon einmal vorweg: Den Alltag können Sie kaum verändern – die Projektplanung schon.

Doch schauen wir erst einmal einer gemeinnützigen Organisation zu, wie sie ein Fundraisingprojekt umsetzt.

Eine Frau sitzt an einem Schreibtisch und erhält mit erstauntem Blick von links und rechts Akten und Dokumente zur Bearbeitung

„Die Neugestaltung unseres Außengeländes können wir nicht finanzieren.“ ,sagt die Geschäftsführerin. „Lassen Sie uns doch Spenden sammeln dafür. Wir finden bestimmt Menschen, die uns unterstützen“, wagt die Stabsstelle für Kommunikation zu prognostizieren. Sie erntet allgemeines Nicken. „Wenn Sie meinen …. Würden Sie das denn übernehmen?“ „Ja, ich will das versuchen. Ich würde mir ein Fundraising-Team zusammenstellen, mit dem wir das bestimmt stemmen können.“ „Was sagen die anderen zu der Idee?“, fragt die Geschäftsführerin allgemein in die Runde. „Gute Idee“, „Soll er machen“, „Finde ich gut“ und nicken. Erleichterung macht sich breit. Puh – es kommt doch – das Außengelände. Alle sind froh.

Der Inhaber der Stabsstelle heißt Jonas, ist Kommunikationswissenschaftler, seit fünf Jahren im Beruf und froh, bei einem gemeinnützigen Träger zu sein. Er ist gut in seinem Job und freut sich auf die neue Aufgabe, Spenden für das Außengelände zu beschaffen. Er freut sich auch auf das Team, das er zusammenstellen soll – und dass er damit seine Stelleneinsamkeit zumindest an einer Stelle los ist und zu einem Team dazugehört. Gleich am nächsten Tag schreibt er eine Mail an alle:

Liebe Kolleg:innen,

zum ersten Treffen des Fundraising-Teams lade ich ein am DATUM um UHRZEIT.

Wer Lust hat, kommt gern dazu. Je mehr, desto besser. Bei unserem ersten Treffen werden wir uns überlegen, wie wir vorgehen werden. Bringt bitte schon eure Ideen mit. Dann beschließen wir, was wir tun werden.

Ich freue mich auf euch und auf das neue Fundraising-Team

Euer Jonas

Jonas ist hoch motiviert und gespannt, wer alles kommt und noch mehr auf die Ideen. Dann stecken zwei Kolleginnen den Kopf zur Tür herein, wundern sich, dass sie die ersten sind und setzen sich. „Wir warten noch 10 Minuten“. Dann kommt noch ein Kollege und sagt: „Also ich habe keine Ahnung, wie das gehen soll mit den Spenden, aber ich möchte das hier lernen.“ ‚Aha‘, denkt Jonas, ‚Ich weiß es ja auch nicht wirklich‘. Er hatte im Studium etwas von Fundraising gehört, mal was vom Fundraisingverband gelesen und er weiß, dass viele Organisationen ständig Spenden sammeln.

Die 10 Minuten sind um. Jonas verbirgt seine Enttäuschung darüber, dass nur drei Kolleg:innen gekommen sind, und beginnt nach der Begrüßung mit der Aufforderung „die mitgebrachten Ideen zu präsentieren“.

Der Kollege, der zum Lernen gekommen ist, wiederholt das nochmal, und die beiden anderen sagen: „Also, wir haben nichts mitgebracht. Wir haben nur mal darüber geredet.“ Erzählt die eine. „Und wir finden einen Spendenlauf gut. Den hat die Schule meines Sohnes gemacht. Das war ein tolles Event“, ergänzt die andere.

Jonas will weitere Ideen sammeln, weil er auch keine konkreten Vorstellungen davon hatte, was man tun könnte. „Ja, dann mal los. Was fällt euch noch ein?“ Es wird etwas zäh, aber die Wand füllt sich: Spendenbrief, Aufruf auf der Webseite, Firmen anschreiben, Benefizkonzert.

Schließlich entscheiden sie sich für den Spendenlauf, den Spendenbrief an Firmen und das Einrichten einer Spendenseite auf der Homepage. Die Frage, wer jetzt was macht, wird so geklärt, dass alles an Jonas hängenblieb. Die anderen waren nur gekommen, um während der Treffen mitzudenken, aber zwischendurch ist an zusätzlichen Aufgaben einfach nicht zu denken. „Wir sind eh schon am Rand, wollten dich aber jetzt nicht hängen lassen“.

Jonas stellt einen Plan auf recherchiert, wie viel Budget er braucht und stellt es auf der nächsten Sitzung der Geschäftsführerin und dem Leitungsteam vor.

Es kommen viele Fragen und Gedanken: „Wie lange dauert es denn, bis die Spenden da sind? Ist es sicher, dass die Firmen spenden, die du anschreiben willst?“ „Wer soll denn bei dem Lauf mitmachen? Also, ich kenne keinen!“ – „Und wer soll die Gestaltung der Spendenseite bezahlen?“ fragte die Geschäftsführerin zum Schluss und schob gleich hinterher: „Aus dem aktuellen Haushalt kann ich dir da nichts geben“.

Beim zweiten Treffen des Fundraising-Teams kommt nur noch der Kollege, der was lernen wollte; ein drittes gibt es nicht mehr. Jonas schreibt die Firmen an und fragt nach Spenden – leider ohne Erfolg. So stellt auch er seine Aktivitäten ein und hofft, auf der nächsten Sitzung im Leitungsteam nicht mehr gefragt zu werden.

Wie kann das sein? Alle finden es gut, das neue Außengelände ist gewollt, das Fundraising-Team ist von der Geschäftsführerin befürwortet worden – und trotzdem klappt es nicht.

So oder so ähnlich haben wir in unserem Beratungsalltag schon viele Prozesse baden gehen sehen. Wir gehen nun unser Beispiel Punkt für Punkt durch und beschreiben, an welchen Stellen ein anderes Agieren nötig ist, um eine hohe Chance auf Erfolg zu haben.

 

  1. Absichtsbekundung vs. Entschluss/Beschluss

Wer will, dass etwas umgesetzt wird, braucht von den Beteiligten einen wirklichen Entschluss. Dieser braucht von der Führung einen Rahmen, in welchem die Umsetzung stattfindet. In unserem Fall wäre der folgende Verlauf der bessere: Die Geschäftsführerin nimmt die Zustimmung auf und sagt: „Prima, dann erteile ich Jonas offiziell den Auftrag, mit einem Team die Fundraising-Aktivitäten für das Außengelände durchzuführen. Über das Budget müssen wir sprechen. Es wird knapp, aber ich werde schon etwas Geld dafür auftreiben. Ich gebe dem Team acht Monate, um die ersten Maßnahmen durchzuführen. Danach werden wir sehen, ob es wirklich funktioniert. In dem Team arbeiten fünf Personen zusammen, die aus verschiedenen Bereichen kommen. Wer mitmacht, der soll wissen, dass es auch Arbeitszeit kostet. Die nehmen Sie sich bitte dafür. Dass es am Ende nicht geklappt hat, weil doch keine Zeit dafür war, will ich hinterher nicht hören. So – und jetzt möchte ich wissen, wer mit Jonas in den acht Monaten zeigen will, dass wir Spenden für das Gelände bekommen werden“.

 

  1. Egal wer – egal wie viele … Das ist kein gutes Prinzip für ein Projektteam

Ein Projektteam braucht Menschen, die in der Lage sind, das Projektziel miteinander zu erreichen. Diese Zusammenstellung sollte nicht dem Zufall überlassen werden. Es gibt eine beste Besetzung, und diese wird auch angestrebt. Wie groß soll das Team sein, welche Fähigkeiten sollen die Mitglieder mitbringen und wie viel Zeit sollen sie investieren können? Das sind Fragen, die in diesem Zusammenhang wichtig sind. Mit diesem formulierten Rahmen können sich Interessierte selbst melden oder angesprochen werden.

Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen wären alle drei Personen aus unserem Beispiel nicht zum Projektteam gekommen. Und durch einen konkreten Rahmen hätten sich andere gemeldet, weil sie sich angesprochen fühlen und besser einschätzen können, was von ihnen erwartet wird.

 

  1. Den Treffen einen Rahmen geben

Die Treffen eines Projektteams sind der Motor für den Fortschritt und die Umsetzung der Projektziele. Damit das passieren kann, ist es nötig -neben dem Rahmen von Raum und Verpflegung – auch den inhaltlichen Rahmen zu stecken. Die Projektleitung braucht eine klare Vorstellung davon, was das Team erreichen soll. In diesem Rahmen ist Entfaltung möglich. Ohne Rahmen passiert – wie in unserem Beispiel – meist nichts oder nur wenig.

Der Rahmen beinhaltet: Ziele, Verantwortlichkeiten, Aufgaben und Maßnahmen sowie Zeitvorgaben.

 

  1. Das Budget-Problem

Am Budget sind schon viele Projekte gescheitert. Es ist unerlässlich im Vorfeld abzuklären, welches Budget in welcher Höhe zur Verfügung steht und wer es freigeben kann.

 

  1. Jedes Projektende ist eine Entscheidung

Ein Ende ohne Entscheidung kostet unglaublich viel Energie und erschwert den Start jedes weiteren immens. Hat das Projekt den klaren Rahmen und eindeutige Ziele, dann wird im Tun klar, ob mit diesem Rahmen die Ziele erreicht werden können. So wird es überhaupt erst möglich zu entscheiden, ob der Rahmen verändert, die Ziele angepasst werden müssen oder das Projekt ganz beendet werden soll. Und das Wichtigste: für alle Beteiligten und die Außenstehenden gibt es eine verstehbare Begründung. So kann auch ein nicht gelungenes Projekt für die nächsten stärken und löst aktuell keine oder deutlich weniger Frustgefühle aus.

 

Beachtet Jonas für seine nächste Idee diese 5 Punkte, wird der Erfolg wahrscheinlicher – oder es wird durch diese strategische Planung klar, dass es nicht geht, weil z.B. tatsächlich kein Budget da ist oder die Arbeitszeit in der Organisation fehlt, um es umzusetzen.